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w.sztaba Giuseppe Uncini

 

Ausstellungsansicht

Das schweigsame Pathos dieser monumentalen, kargen, grauen, schweren Werke von Giuseppe Uncini bringt zuerst die Gedanken zum Stillstand. Man beobachtet, nimmt alles auf. Riesige Zementplatten stehen an den Wänden, übereinander aufgestellt, mit Eisenstäben zusammengehalten; ihre sparsame Verzierung begrenzt sich auf eine elegante Komposition, eiserne Klammern und Spuren der Maserung, die die hölzernen Bretter der Schalung hinterlassen haben.

Man spürt hinter diesen Objekten eine sehr lange Kunsttradition. Ein paar Aquarelle mit geometrischen Figuren erinnern an elegante perspektivische Zeichnungen alter Architekten. Man bewundert das raffinierte Spiel von Flächen und Räumen, in dem aus Linien Figuren werden und der flache Schatten konkret wird. Hoch an den Wänden montierte architektonische Details sehen aus wie Reste römischer Monumentalbauten nach Skizzen von Piranesi.

Die freien Gedanken, die dem Spiel der Assoziationen folgen und nach versteckten Evidenzen suchen, merken bald mit Schrecken, dass sie am Ende vom letzten Gedanken gefangen genommen bleiben: In den Carceri. Jedes dieser Objekte, wenn auch in sich abgeschlossen und vollkommen, steht für etwas viel Größeres, als ob es nur ein Fragment wäre, herausgenommen, herausgeschnitten, wie ein Teil des Berliner Mauer. Sie könnten zu Bunkern, zu Schutzkellern oder zu Gefängnissen gehören. Sie bilden einen düsteren, literarischen Raum, in dem sich die Demonstration der Macht abspielt und wo es keine Hoffnung für die Eingesperrten gibt.

Die Neugier und die Kunst selbst bringen Rettung aus diesem Verlies: Diese tonnenschweren Objekte - mit welchen Mitteln, welchem Aufwand sind sie hier aufgestellt worden? Aus der Nähe betrachtet sieht man aber, dass es keine Betonplatten sind, dass die Formen nur mit Zement überzogen sind. Alles ein „trompe l'oeil“, die edle Überraschungstechnik der alten Meister. Die Kunst Uncinis will Kunst bleiben, sie tut als ob, täuscht, lässt das Theater sich im Kopf abspielen – ganz im Sinne der alten Tradition.

Juli 2008

Giuseppe Uncini
ZKM Karlsruhe, Museum für Neue Kunst, 21.06. - 24.08.2008

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