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Krystyna Damar Nähen für das Feuer

 


Halb auf dem Bürgersteig, halb auf der Fahrbahn lag ein großes weißes Tischtuch mit roten Punkten, und obwohl ich dachte, dort sei nicht sein Platz - hielt ich mich davor zurück, es aufzuheben. Die zerrissene gelbe Bluse mit einem braunen geometrischen Muster, die ein Gipsmodell bedeckte, war der erste Stoff, um den ich gebeten hatte. Danach bekam ich andere, und sie waren mir alle recht. Ein Taschentuch aus feiner Baumwolle und ein schwerer Möbelbezug, verschiedene Reste oder Stoffabschnitte, aus denen man nichts mehr nähen mochte, Kleiderteile, Werbetaschen aus Leinen, Bettwäsche, Vorhänge - ob zerrissen oder unbenutzt, sauber oder schmutzig, mit Erinnerungen belegt oder vergessen.


Ich nähte stunden-, tagelang, nur einfache Nähte, mit einem kleinen Teil anfangend, wie zum Beispiel mit einer Manschette oder einem Kragen. Manchmal stellte ich symmetrisch größere Stücke zusammen, nie aber mit der Absicht, ein Muster zu schaffen, und es war mir unwichtig, ob das Ganze hässlich oder schön wurde.
Von Anfang an habe ich ein Ziel gehabt: Hundert Stücke in der Größe von mindestens 105 mal 135 Zentimeter zu nähen und dann ein Feuer zu machen. Die Zeit, die ich bei der Arbeit verbrachte, und das Feuer an deren Ende, habe ich in Erinnerung an meine Mutter, eine Theaterschneiderin, ihr zum hundertsten Geburtstag gewidmet.

Tenczynek, 7.4.2007

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