Impressum

Touching the Void //Es gibt keinen sicheren Ort, nirgends
Kunstraum: Morgenstrasse, Karlsruhe


In der Zeit der museumspädagogischen, transparenten Kunstbetrachtung erschwert kurzerhand der Kunstraum: Morgenstraße den Zugang zur Kunst und erinnert damit daran, dass das Unklare, nicht zu Ende Deutbare ihre wichtige existenzielle Grundlage bildet.
Den kleinen Raum besetzt eine spinnennetzartige Konstruktion aus Seilen, an denen Klumpen, Fetzen der „Dunklen Materie“, wie Dennis Feddersen sein Projekt nennt, gespannt sind.
Man kommt nur so weit in den Raum hinein, um das große Ölbild von Enrico Bach aus der Nähe betrachten zu können. Das Bild ist ebenso wie der Raum verschlossen, seine Fläche verbauen düstere geometrische Formen, die wie Kisten, Schachteln oder Briefkästen bereitgestellt sind, um die Gedanken der Betrachter aufzunehmen.
Ein anderes, kleines Bild von Enrico Bach ist nur in Begleitung eines der Kuratoren über Hintereingang
zu erreichen: Es stellt ein sich auflösendes, aus quadratischen Pixeln bestehendes Codezeichen dar.

Nicht alles sehen zu können, wie durch ein Schlüsselloch zu blicken, den Widerstand des Raumes um die Bilder herum zu erfahren – das sind Strategien, die Duchamp 1942 in der New Yorker Ausstellung „First Papers of Surrealism“ getestet hatte.
Julio Cortazar beschreibt in seinem Roman „Himmel und Hölle“ die bedrohliche, wie auch komische Seite des versperrten Raumes: Ein Zimmer in der Psychiatrie, das der Patient in eine Falle aus Fäden, Kugeln und mit Wasser gefüllten Schüsseln verwandelt, um die Gefahr der draußen lauernden „schwarzen Masse“ abzuwehren. „ … es bedeutete, in etwas einzudringen, das er immer mehr als eine schwarze Masse empfand, ein Territorium, in welchem die Leute schliefen und keiner im geringsten erwartete, zu dieser Nachtzeit angegriffen zu werden (…) das Gefühl war selbst wie eine schwarze Masse, aber durch seine Schuld und nicht durch die des Territoriums …“ (Julio Cortazar, Rayuela. Himmel und Hölle, 1963, Suhrkamp 1981, S. 385)

Wojciech Sztaba
Fotos: J. Birken

Touching The Void//Es gibt keinen sicheren Ort, nirgends
Enrico Bach
Dennis Feddersen
29. April - 29. Mai 2011

s. auch:

 

weitere Texte